A. S. / Bern - Bethlehem ♂
28.09.2011
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"Die Wolke" hatte so schön angefangen. Doch bereits mit dem Hereinbruch der atomaren Katastrophe ist die Schmerzgrenze des Zuschauers schon wieder erreicht. Konnte man in den ersten Minuten noch verzeihen, dass hölzerne Dialoge, die wahrscheinlich nur auf dem Papier funktionieren, und eine klischeehafte Teenie-Liebe, die zeitrafferartig schon eine Minute nach dem ersten Kuss zur Ewigkeitsromanze hochstilisiert wird, die Leinwand beherrschen, fällt es schwer, über die Mängel, die das Super-GAU-Epos schon bald offenbart, hinwegzusehen.
Dem ersten Teil des Films, der sich mit Hannahs Flucht vor der radioaktiven Wolke befasst, fehlt es unerklärlicherweise an Spannung und das Chaos, das einer Katastrophe folgen sollte, kommt nicht so richtig in Fahrt. Stattdessen schwingen sich Hannah und ihr kleiner Bruder aufs Fahrrad, um dem atomaren Fallout zu entkommen. Auch die vermeintliche Sonnenallergie des Jungen vermag keine Spannung in die Radtour durch herrlichen Sonnenschein zu bringen. Ziemlich abrupt endet die langsame Flucht zunächst, als Uli auf einer Straße von einem Auto überrollt wird. Viel Zeit, um den Tod der wichtigen Nebenfigur zu verdauen, bleibt dem Zuschauer aber nicht. Der Leichnam wird einfach ins Maisfeld geschleppt und Hannah findet – Glück im Unglück! - dabei auch gleich eine Mitfahrgelegenheit zum nächsten Bahnhof, der zur letzten Rettung der Fliehenden geworden ist. Selten erfreute sich die Deutsche Bahn eines solchen Ansturms, denn sie hat Sonderzüge zur Evakuierung eingesetzt. Sonderzüge gibt es also in diesem Filmdesaster, aber nicht einen Hubschrauber am Himmel geschweige denn sonstige Spuren eines Katastrophenschutzprogramms. Es ist, als würde die Katastrophe in einem Vakuum passieren, als sei der Rest der Welt ausgestorben. Merkwürdig.
Seltsam geht es auch im zweiten Teil des apokalyptischen Dramas weiter. Von Weltuntergangsstimmung lässt Regisseur Gregor Schnitzler den Film nun in die Art von Inszenierung rutschen, die ihm am besten zu liegen scheint: Episodenartige Gefühlsduselei. Hannahs Leben nach dem Super-GAU wird nun in kleinen Ausschnitten erzählt. Zwar handeln diese auch durchaus Kritik an der Folge der Nutzung von Kernenergie ab, aber im Vordergrund steht eindeutig das neuauflebende Liebesglück von Hannah und Elmar, das in regelmäßigen Abständen von Schicksalsschlägen geplagt wird, die die beiden aber erstaunlich gut überstehen. Extrem tränenreich und emotional geladen wirken Szenen oft ekelhaft manipulativ und alles andere als realistisch.
"Die Wolke"-Regisseur Schnitzler lehnt sich weit aus dem Fenster und spricht seinem Film sogar Qualitäten großer Hollywoodfilme zu. Aber der Traum vom Liebesepos made in Germany, das sich mit amerikanischen Produktionen messen kann, bleibt vorerst kaum mehr als ein Luftschloss.
FAZIT
Dass "Die Wolke" das brisante Thema der Atomenergie behandelt und einen klaren Standpunkt gegen die Nutzung von Atomkraftwerken bezieht, setzt in einer Zeit, in der Tschernobyl und Harrisburg fast in Vergessenheit geraten sind, ein klares Zeichen für den Ausstieg aus der Kernenergie. Die politische Botschaft ist da, aber beim Kern des Films, der Liebesgeschichte vor dem Hintergrund der Atomkatastrophe, hapert es einfach an allem. "Die Wolke" ist leider ein GAU – ein größter anzunehmender Unfall – der besonderen Art, der sich nach der ersten Hälfte als unrettbar erweist und zur Teenagersoap verkommt. Schade eigentlich bei diesem so wichtigem Thema.
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